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J'DAY STEFAN RAGER ANTWORTET
Was führte dich zur Musik?

An der führte für mich kein Weg vorbei. Meine Eltern sind beide Musiker. Mein Vater ist Komponist und Musikforscher und beschäftigt sich damit, wie man Kinder an Improvisation und Komposition heranführt. Meine Mutter ist Klavierlehrerin. Ich hatte immer Musik um mich herum, wir haben viel gesungen z.B. im Auto. Mein Vater hat oft Stücke geschrieben für uns drei Kinder. Als kleiner Junge stand ich in der Musikhalle bei "Geschwister Musizieren" auf der Bühne. Meine Mutter erzählte mir, daß ich Melodien für meine Bedürfnisse, wie Essen oder Schlafen, entwickelt habe, bevor ich gesprochen habe. Das war also mein erster Kommunikationspfad, den ich mit meiner Mutter betreten habe. Mit sechs Jahren bekam ich Kllavier- und Geigenunterricht. Damit habe ich mir ein Fundament geschaffen, um Noten vom Blatt spielen zu können E-Gitarre war verpönt in unserem Haushalt, weil es eben keine klassische Gitarre war. Deshalb mußte ich mir das Instrument selbst beibringen. Als Teenie hatte ich ein altes Radio, das tierisch klang als Gitarrenverstärker. Ich habe mir Platten aufgelegt und über die ganze Plattenseite hinweg Soli gespielt. Es dauerte sehr lange, bis melne Eltern meine Musik ernst nahmen, nämlich bis ich endlich auf der Bühne stand, und sie merkten: die Leute finden das toll.

Seit wann spielst du ernsthaft Gitarre?

Mit elf habe Ich die Leute sehr bewundert, die in den Schulbands gespielt haben und kaufte mir meine erste E-Gitarre. In dieser Zeit legte ich die Grundlagen für mein Gitarrenspiel, das doch sehr merkwürdig ist. Ich hatte eine normale Gitarre, aber da ich Linkshänder bin, drehte ich sie einfach um, so daß die hohen Seiten oben und die tiefen Seiten unten sind. Meine Eltern besorgten mir irgendwann einen Gitarrenlehrer, der mir sozusagen richtig spielen beibringen sollte. Aber ich hatte mit meiner Technik bereits einen gewissen Level erreicht und wollte mich mcht mehr umgewöhnen. Deshalb habe ich schon nach zwei Monaten wieder mit dem Unterricht aufgehört. Meine Art zu spielen machte einfach mehr Spaß.

Wann hast Du angefangen, mit anderen zusammenzuspielen?

Mit 14 spielte ich mit ein paar Freunden zusammen, doch der Verstärker gehörte dem anderen Gitarristen und der regelte die Lautstärken Also war ich immer vlel zu leise. Mit 17 kaufte ich mir meinen ersten Verstärker, und dann ging es los. Die erste für mich ernst zu nehmende Band hieß "Karelia". Sie war auch die einzige richtige Band, in der ich vor den J`Days spielte. Wir waren alle Freunde; auch mein Bruder spielte in dieser Band. Wir spielten 'Fusion', instrumentale JazzRock Musik, bei der ich mich als Solist und Komponist auskotzen konnte. Wir sind im norddeutschen Raum, zum Beispiel in Clubs wie "Onkel Pö" aufgetreten.

Wie hast du die J'Days kennengelernt?

Als ich in der Gruppe eines Freundes aushalf, traf ich Louis, der damals mit Dirk und Christoph zusammen spielte und mir erzählte, daß sie einen Gitarristen brauchten. Als wir dann zu fünft waren, wollten wir unheimlich schnell an die Öffentlichkeit treten. Wir hatten Spaß am Musik machen und auch Ehrgeiz. Jeder hatte eine Styroporplatte dabei, die er sich unter die Füße legte, weil es im Übungsraum so arschkalt war. Wir wollten unbedingt mit der Musilc raus, ganz klar.

Hast Du dich damals schon als Popstar gefühlt ?

Ich fühle mich immer noch nicht als Popstar. Manchmal denkt man natürlich: "wow!", das ist das Popstarleben! Aber wir sind ja mittlerweile schon einen weiten Weg gegangen und da merkt man, was ist Blendwerk und was ist real. Ich glaub`, wir sind alle keine Popstars in dem Sinne.

Wie hast Du empfunden, wie Ihr mit dem Erfolg von "Brand New Toy" umgegangen seid?

Auch ich war in einem Taumel - der Erfolg stellte sich ja sofort ein. Das war gar nicht gesund für uns, das hatten uns auch alle gepredigt. Wir fanden das natürlich klasse und fragten uns, was wollen die überhaupt, uns kann doch nichts Besseres passieren, als daß die Platte abgeht wie Schmitts Katze! Wir hatten einen Level als normal betrachtet, der überhaupt nicht normal ist. Der Vorteil davon war, daß wir nie versucht haben, irgendwelche Erfolgsraster und Mechanismen zu kopieren. Wir haben nicht versucht, das noch einmal aufleben zu lassen und so zu klingen, sondern immer den Forischritt gesucht.

Wie hast du die Arbeitssituation in London bzw New York empfunden?

In London steht man nicht auf deutsche Bands. Ich zieh' den Hut vor fremden Bands, die dort etwas bewegen. Du bist dort der Ausländer. In New York bist du auf dem gleichen Level wie andere Bands. Man findet dort alles, was aus Europa kommt, interessant. Die begenen dir als deutscher Band mit viel größerer Offenheit. Ich habe mich tatsächlich sofort als New Yorker gefühlt...

Wie empfindest du die Aufnahmesituation hier in Hamburg?

Diese Phase ist nicht so einfach. Dies ist der schwierigere Weg. Es ist kein Produzent da. Das ist vom Kreativen her kein Problem, es sind genug Ideen da, aber vom Einigungsprozeß sehr hinderlich. Es prallen fünf Meinungen aufeinander, ohne eine Autorität, die hilft, Entscheidung zu fällen. Nun sitzen wir tagelang hier und setzen uns damit auseinander, wie wir ein Stück anfangen. Es ist wahrscheinlich im Endeffekt scheißegal, wie man es macht.

Verkauft Popmusik sich über Musik oder Jugendlichkeit?

Wir kümmern uns nicht um den Verkauf von Popmusik, sondern wir machen sie. Daß hauptsächlich fünfzigjährige Musiker Platten verkaufen, läßt auch an der deutschen Radiolandschaft, in der nichts anderes gespielt wird als Tina Turner und Phil Collins usw - Die Leute kennen also nichts anderes. Es gibt für Bands, die nicht gerade Mainstream vertreten, kaum eine Chance, an die breite 0ffentlichkeit zu dringen.

Die Plattenfirma ist doch wohl auf Verkaufszahlen ausgerichtet?

Die Dependance in der Plattenfirma, die uns betreut, heißt nicht nur pro forma Progressive Music. Da werden nicht nur die eisenharten Verkaufsstrategien entwickelt, sondern auch künstlerische Inhalte unterstützt. In diesem Sinne war und ist ProgressiveMusic-Chef Tim Renner fast immer offen für unsere manchmal abgehobenen Ideen.

Was für eine Rolle spielt für dich MTV?

Auch hier findet eine große Vorauswahl statt. Aber grundsätzlich finde ich es gut, Musik im Fersehen zu präsentieren. Videos finde ich an sich langwelig, aber sie ermöglichen mir, den Blick auf ein Mosaikteilchen der Gesamtästethik einer Band zu werfen, aber dreimal brauch ich mir ein Video nicht anzugucken.

Wie hast Du Dich mit dem boyhaften Image eurer Anfangszeit gefühlt? Hast Du es als Verkleidung, empfunden?

Na klar haben wir uns verkleidet, damais. Aber wir fanden es klasse und empfanden es als ein Abenteuer. Wir haben damals diesen völligen Wirrkopf Chris Sullivan getroffen, der Macher des Londoner Wag Clubs. Der entwarf uns Anzüge, in denen wir aussahen, wie von Käpt'n Nemos Schiff gesprungen. Das hat Spaß gemacht, aber das war eine Phase. Wir sind sowieso eine Band, die sich in einer ständigen hochgeschwindigkeitsmäßigen Veränderung befindet. Das betrifft sowohl das Musikalische, als auch das Äußere. Das ist für die Medien schwer zu fassen. Wir sind eine Band, die divers und verschiedenartig ist. Ich finde das aufregend. Paradoxerweise ist das Vielfältige schwerer zu verkaufen als das Monotone.

Zuletzt verändert: Donnerstag, 26. August 1999 von Axel Krägelius